Metamorphosen
Samstag, 22. März 2008
Selbstbeherrschung
Am 22. März 2008 im Topic 'standortbestimmung'
"Du schreibst nicht", würde er sagen, könnte er das hier lesen, Du verfasst ein endloses, ermüdendes, völlig uninteressantes Lamento. Nichts ist banaler", würde er sagen, "als dieses ziellose Baden in Selbstmitleid."

Und recht hätte er natürlich, sein schonungsloses Rechthaben gehört sosehr zu ihm.
Das erinnert mich an meine Rechtfertigungen, die ewigen. - (Du hast recht und ich bin fertig).

Vor mir liegen knappe acht freie Tage. Die Versuchung wäre so groß, mich gehen zu lassen, auch wenn gehen lassen derzeit hängen lassen heißt und ich solche Lust darauf hätte, eine ganze Woche zu versinken in Musik und Gras und Alkohol und Valiumtropfen, die Sonne, die mich durch die Fenster ohnehin nur verhöhnt, da sie nicht wärmt, durch das Schließen der Jalousien auszusperren.

Nicht Geschirr spülen, nicht Staub wischen, nicht Haare waschen, vielleicht nicht einmal duschen, eingekifft alle drei Folgen von "Fluch der Karibik" hintereinander sehen ...

Irgendwann würde ich dann vielleicht doch dem Drang nachgeben und ihn bitten zu kommen. Ich würde ihm die Gerte reichen und ihn bitten mich zu schlagen, immer fester zu schlagen. Gar nicht, weil mein Bedürfnis nach S/M an sich wirklich groß wäre derzeit, sondern weil es mir die Gelegenheit gäbe in seinen Armen zu weinen, weil er mich dafür trösten könnte zu hart zugeschlagen zu haben, auch wenn ich ihn darum gebeten habe, während alle anderen Gründe für Tränen ihn augenblicklich in die Flucht schlagen würden. Er würde mich in die Arme nehmen und küssen und ich dürfte weinen.

Aber morgen kommt Besuch, meine Haushaltshilfe ist osterbedingt ausgefallen, der Staub ist im Begriff die Wohnung restlos zu erobern, das Geschirr stapelt sich wie die Schmutz- und Bügelwäsche, auf meinem Schreibtisch herrscht Chaos, der Kühlschrank ist leer und der Nagellack abgesplittert.

Funktionieren ist angesagt.

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Des Versagens so müde
Am 22. März 2008 im Topic 'sackgasse'
"Kalte Männer zerstören Frauen", schrieb mir meine Mutter Jahre später. "Sie umgarnen sie mit irgend etwas Sympathischem, das sie zum Schein an der Tag legen, mit irgend etwas, das mit ihrer Seele verbunden ist wie ein falsches Gewächshaus, führen dich hinein, und du glaubst Leben, Vitalität, Sonne und Grün zu sehen, aber wenn du sie erst liebst, führen sie dich in ihre wahre Seele, einen zugigen, hohlen, leeren Ballsaal, der unerbittlich gewölbt und gekrümmt ist und dessen Echos dich verspotten - du hörst, was du geopfert und gegeben hast, mit dumpfer Wucht landen.
Sie sperren das Gewächshaus zu, und du bist nur noch eine winzige Figur im Plan eines Architekten, ein gesichtsloser Fleck, ein nebelhafter Schatten aus steifen Gliedern, in einer endlosen Steinwüste zurückgelassen.


Ja, ich lese Lorrie Moore, ich lese Leben ist Glückssache und würde beinahe auf jeder Seite einen Satz oder einen Absatz herausnehmen und zu meinem machen, so viele, bei denen ich denken muss: Den hat sie mir gestohlen, aufpoliert, schöner gemacht und wieder geschenkt, aber im Kern ist es mein Satz, ist es mein Leben, sind das meine Gedanken - jetzt, gerade jetzt".

Ich bin noch lange nicht draußen aus dieser Welt, die ich so dringend verlassen wollte, sie klammert sich im Gegenteil umso heftiger an mich, je mehr ich versuche mich von ihr los zu reißen. Einen Tag dieser Woche musste ich mir sogar frei nehmen, weil nichts in mir war als sein Gesicht, seine Worte und nichts als der innige Wunsch zu sterben als scheinbar einzige Möglichkeit meinem Vorsatz gerecht zu werden, des Scheiterns, des Versagens so müde.

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